Gefälschte Kunst und deren Vernichtung aus Sicht des Kunstrechts (Teil II)
RA Dr. Nicolai B. Kemle klärts: Die Kennzeichnung oder Vernichtung von Kunstfälschungen
Die Grundlagen der Behandlung von Kunstfälschungen im Kunstrecht hat RA Nicolai B. Kemle im Ratgeber „Experten-Know-how – Gefälschte Kunst und deren Vernichtung aus Sicht des Kunstrechts“ (Teil I) ausführlich beschrieben. Nun folgt Teil II als darauf aufbauende Erörterung.
Einführung
Wolfgang Beltracchi, Konrad Kujau oder die Familie Greenhalgh, die Entdeckung einer “Kunstfälschung” und der dahinterstehenden Person sorgt stets für ein großes mediales Interesse. Ist diese enttarnt, stellt sich die Frage, was mit der “Kunstfälschung” nun geschehen soll. Dieser nun stattfindende Diskurs beinhaltet innerhalb der Frage des Umgangs mit einer sog. “Kunstfälschung” den Streit, wer überhaupt die Macht hat, eine Kunstfälschung zu attestieren, und ob eine Fälschung dem Grunde nach überhaupt existiert.
Die aktuell im öffentlichen Interesse stehenden Gemälde des Künstlers Leonardo da Vinci sind ein exzellentes Beispiel hierfür. Shaun Greenhalgh behauptet der Schöpfer des Gemäldes “La Bella Principessa” zu sein, ein Gemälde dessen Authentizität bis heute umstritten ist. Und auch das wohl teuerste Gemälde der Welt, “Salvator Mundi”, ist nicht ohne Streit über dessen Originalität. Sollen diese Gemälde vernichtet werden, wenn ein Gutachten dessen Unechtheit behauptet?
Die Grundlagen der Behandlung von Kunstfälschungen im Kunstrecht hat RA Nicolai B. Kemle im Ratgeber „Experten-Know-how – Gefälschte Kunst und deren Vernichtung aus Sicht des Kunstrechts“ (Teil I) ausführlich beschrieben. Nun folgt Teil II als darauf aufbauende Erörterung.
Der vorliegende Teil II widmet sich nun der Problematik des weiteren Umgangs mit “Kunstfälschungen” nach deren Entdeckung. Die Meinungen hierzu reichen von der vollständigen Vernichtung, beispielhaft durch Verbrennen oder Schreddern des Kunstwerks, über eine Kennzeichnung bis hin zu keiner Maßnahme. National und international ebnen verschiedene Gerichtsurteile langsam einen ersten Weg, um sich der Lösung anzunähern.
Vertreter des Wunsches der Vernichtung von gefälschten Kunstwerken, somit originalen Kunstwerken, deren Daten falsch zugeordnet wurden, sind meist Staatsanwaltschaften und Nachfahren der betreffenden kunstschaffenden Personen, bzw. deren Nachlassverwalter.
So wird in diesem Zusammenhang, meist seitens der Staatsanwaltschaften und der Landeskriminalämter, die These vertreten, dass von einer Kunstfälschung eine inhärente Gefahr ausgehe, gleich Falschgeld, dass die Kunstwerke auch nach Entdeckung wieder als Kunstfälschung in den Markt gelangen könnten. Erben bzw. die zugehörigen Foundations sehen eher eine Schädigung in der Person der kopierten kunstschaffenden Person. Diese Persönlichkeitsverletzung gelte es zu verhindern, um das Oeuvre nicht zu schädigen. Hier wird, soweit möglich, auch das Urhebergesetz angewandt, welches explizit eine Vernichtung vorsieht, § 98 UrhG.
Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die Vernichtung eines Kunstwerks eine nicht umkehrbare Handlung darstellt, welche bei späterer Änderung der Bewertung des Kunstwerks den Verlust auf ewig zur Folge hätte. Selbst ein gefälschter Max Ernst ist immer noch ein originaler Beltracchi, welcher einen wirtschaftlichen Wert besitzt, und nach Entdeckung der fehlerhaften Zuordnung sind sogar die zugehörigen Daten exakt. Eine Vernichtung ist weder angemessen noch erforderlich oder geboten. Und auch hier bietet das Urhebergesetz eine Möglichkeit des Schutzes:
Das Urhebergesetz verbietet eine Vernichtung eines originalen Kunstwerks als Schutz der kunstschaffenden Person, § 14 UrhG. Wenn nun eine kunstschaffende Person ein Kunstwerk gefertigt hat, und dieses durch dritte Personen als Kunstwerk einer anderen kunstschaffenden Person verkauft wurde, so kollidieren die gesetzlichen Anwendungsbereiche und die zugehörige Rechtsprechung.
Diesen Konflikt gilt es aus kunstrechtlicher Sicht aufzulösen, um einen verfassungsmäßigen rechtlich verhältnismäßigen Umgang mit der Situation der Kunstfälschung zu erreichen.
Ein exzellentes Urteil, dessen Grundlagen fast wegweisend sind, hat der französische Kassationshof, 24.11.2021, Az. 19-19-942, gefällt. Hier wurden seitens des Gerichts die Möglichkeiten der Kennzeichnung als ausreichende Maßnahme erörtert.
Um nun eine Möglichkeit des Umgangs mit den sogenannten “Kunstfälschungen” aufzuzeigen, ist auf die im ARTIMA Ratgeber „Experten-Know-how – Gefälschte Kunst und deren Vernichtung aus Sicht des Kunstrechts“ gewonnene Nomenklatur zurückzugreifen. Erst diese ermöglicht den späteren angemessenen Umgang.
Diesen Ratgeber kurz zusammengefasst stellt die Kunstfälschung eine Situation dar, in welcher die tatsächlichen Daten eines Objekts, beispielhaft Schöpfer, Material oder auch Jahr der Herstellung, nicht mit denen durch einen Menschen subjektiv zugeordneten Daten übereinstimmen. Diese fehlerhafte Zuordnung kann intendiert sein, dann handelt es sich um eine vorsätzliche Vorspiegelung falscher Tatsachen. Sie kann auf grober Fahrlässigkeit oder sogar einfacher Unkenntnis bzw. den Verlust der tatsächlichen Kenntnis basieren, hier liegt einfach eine falsche Zuordnung vor.
Auf dem Kunstmarkt werden Unsicherheiten in der Zuschreibung oftmals durch Begriffe wie “Umkreis”, “Schule” oder dem Zusatz “vermutlich” bzw. “wohl” angedeutet.
Wird eine solche fehlerhafte Zuordnung der Daten entdeckt, ist weiterhin festzulegen, ob diese Fehlerhaftigkeit objektiv z.B. durch eine Materialanalyse nachgewiesen werden kann, dann liegt keine Echtheit vor, das Objekt ist unecht, oder ob es sich um eine subjektive menschliche Einschätzung, meist einer sachverständigen Person, handelt. Im zweiteren Falle ist das Objekt kein Original.
Diese etwas künstliche Trennung zwischen Original und Echt mag auf den ersten Blick theoretisch erscheinen, aber im Bereich der Kunstvernichtung wird sie elementar. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass kein “falsches” Kunstwerk existiert. Ein Gemälde im Stile von Gustav Klimt ist bei einer Zuordnung zu Gustav Klimt als Schöpfer “falsch”, bei einer Zuordnung zu Konrad Kujau als Schöpfer “original”.
Während emotional die Vernichtung von Kunstwerken unter künstlerischen Aspekten diskutiert wird, stehen sich im Rahmen der Vernichtung von Kunstwerken manche Gerichtsurteile fast diametral gegenüber:
So hielt das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 17.11.2016 (AZ 28 O 498/14) fest, dass die Erben des Künstlers Max Pechstein gemäß § 98 Abs. 1 UrhG das Recht hätten, von dem Eigentümer die Einwilligung zur Vernichtung eines Bildes zu verlangen, welches mit HMP monogrammiert ist. Die Einlieferung in das Auktionshaus zur Auktion stelle dabei die erforderliche Verletzungshandlung gemäß § 17 Abs. 1 UrhG (Verstoß gegen das Verbreitungsrecht) dar.
Auf der anderen Seite steht der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 21.02.2019 (AZ I ZR 98/17). Dieses postuliert klar, dass die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Kunstwerks eine “andere” Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG darstellt.
Zusammenfassend ist die Fälschung zu vernichten, das Original darf nicht vernichtet werden. Wenn aber nun die fehlerhafte Zuordnung aufgeklärt wurde, also es sich beispielhaft nun nicht mehr um einen gefälschten Pechstein handelt, sondern um einen originalen Kujau, ist dann noch die Vernichtung statthaft? Oder ist im Rahmen der Abwägung eine andere Beurteilung und Vorgehensweise angemessen? Dies auch vor dem Hintergrund der Möglichkeit, dass ein Kunstwerk nicht zum Zwecke der Täuschung geschaffen wurde, sondern entweder als legale Kopie erstellt wurde, oder sogar die falsche Zuordnung von Daten durch fehlerhaftes Wissen geschah.
Zugespitzt wäre zu fragen, ob nicht das Gemälde “Mann mit goldenem Helm” zum Zeitpunkt des Erwerbs 1897 unter dem Eindruck des Urteils des Landgerichts Berlin zu vernichten gewesen wäre. Es wurde 1897 durch den Kaiser-Friedrich-Museums Verein als eigenhändiges Werk Rembrandts erworben. Doch wird unterstellt, es stammt von dem Augsburger Maler Johann Ulrich Mayer und verletzt damit dessen Urheberrecht. Die Welt wäre um ein schönes Gemälde ärmer, dessen zugehörige Daten, also echt oder falsch, bis heute kontrovers diskutiert werden.
Kann daher die Vernichtung eines Kunstwerks im Rahmen einer Abwägung, etwaig auch nach § 98 UrhG, als finale Maßnahme dem Gesetz gerecht werden? Eine Vernichtung von Kunst ist unumkehrbar, das Kunstwerk ist verloren. Selbst wenn man heute den Mann mit goldenem Helm wieder Rembrandt zuordnen würde, hätte das LG Berlin der Vernichtung damals Recht gegeben, es wäre verloren.
Dass die Vernichtung eines wunderbaren Gemäldes nicht Sinn und Zweck des UrhG oder anderer einschlägiger Normen sein kann, ist unumstritten.
Daher stellt sich nun die Frage, welche Maßnahmen im Rahmen einer Abwägung geeignet, erforderlich und angemessen sind, um einen Ausgleich zu ermöglichen und den einzelnen Parteien, dem Kunstmarkt aber auch dem Kunstwerk an sich gerecht zu werden.
Es gilt nun, klar und deutlich Kategorien zu bilden, um eine Lösung zu finden. Eine pauschale Lösung ist nicht möglich.
Die bedeutet, dass die betroffenen Personen aus dem Sammlungsbereich, aus dem Kunsthandel oder sogar musealen Bereich stets eine Einzelfallabwägung treffen müssen, wie nun mit diesem Objekt umgegangen werden kann. Hierbei ist der Bereich sehr weit gefächert, angefangen von dem Gemälde, über eine Vintage-Uhr, den Oldtimer bis hin zu aus Lehm nachträglich gepressten Tonfiguren.
Ein unechtes Kunstwerk liegt dann vor, wenn objektiv nachweisbar die Daten des Kunstwerks, mit welchen es aktuell versehen ist, falsch sind. Diese Objektivität ist nur durch die Materialanalyse erreichbar. Beispielhaft wurde ein Sekretär aus der Zeit um 1840 verkauft, aber die Materialanalyse ergab, dass das verwendete Holz aus der Zeit nach 1960 stammt. Oder es befindet das berühmte Titan-Weiß auf einem Gemälde, welches die fehlerhafte Zuordnung nachweisbar macht.
Das vorsätzlich als Fälschung hergestellte Kunstwerk
Wenn tatsächlich durch eine Person ein Kunstwerk hergestellt wird, welches bewusst von Anfang an als Kopie eines existenten Kunstwerks oder bewusst in der Art der kunstschaffenden Person mit dem Vorsatz der Täuschung über die Urheberschaft geschaffen wurde, so kann die Vernichtung dieses Kunstwerks unter der Berücksichtigung des LG Berlin (AZ 28 O 498/14) gerechtfertigt sein. Das Eigentumsrecht des Besitzers wie auch das Urheberrecht der kunstschaffenden Person stünde zurück, soweit das LG Berlin. Warum eine Überstellung an das LKA Berlin aber ausreichend sein soll, und nicht eine Überstellung an einen sicheren Ort, wie ein anderes LKA, ein Museum oder universitäre Einrichtung, bleibt wohl ein Berliner Geheimnis. Diese ersatzweise Nichtvernichtung durch Übergabe an das LKA Berlin macht das Urteil insoweit interessant, da die Richter das Recht der Erben an der Vernichtung einer Vervielfältigung als einzig mögliche Maßnahme angesehen hatten, um dem Anspruch gerecht zu werden. Eine Entfernung des Monogramms / Signatur sei nicht ausreichend, ebenso nicht eine Kennzeichnung.
Bedauerlicherweise hat sich das Urteil nicht mit dem Grund des Entstehens des Kunstwerks auseinandergesetzt, sowie dem Recht des Urhebers nach § 14 UrhG. Die Vernichtung ist hier der schlimmste Eingriff in die Substanz eines Kunstwerkes.
Ob dies Sinn und Zweck sein kann, Kunstwerke zu vernichten, steht in Frage. Dem Berliner Urteil folgend wäre die Vernichtung des Gemäldes “Mann mit goldenem Helm” kein Problem gewesen, wenn die Erben Rembrandts dies gefordert hätten. Die Kunstwelt wäre um ein schönes Kunstwerk ärmer. Und ob eine Vernichtung auch aufgrund der besonderen historischen Bedeutung der Bundesrepublik wirklich gerechtfertigt ist, mag auch zu überlegen sein. Eine Wiedergutmachung kann nicht erfolgen.
Insofern ist eine Vernichtung eines Kunstwerks nur dann gerechtfertigt, wenn die objektive Materialanalyse dessen fehlerhafte Beschreibung ergeben hat, das Kunstwerk unecht ist.
Ist nur die Originalität umstritten, damit eine Änderung der subjektiven Ansicht möglich, ist eine Vernichtung nach meiner Ansicht unzulässig. Der unwiderrufliche Eingriff nur aufgrund einer subjektiven Ansicht ist unverhältnismäßig und nicht angemessen. Vielmehr bestehen hier nun anderen Möglichkeiten, siehe unter Ziffer 3.2.
Als betroffene Person, die im Besitz einer solchen Fälschung ist, bedeutet dies, dass ein völliger Wertverlust aufgrund der Berliner Rechtsprechung, zumindest vor den dortigen Gerichten, drohen kann. Ob noch ein Schadensersatz gegenüber der verkaufenden Person geltend gemacht werden kann, dies bleibt stets abzuwarten.
Das ursprünglich nicht vorsätzlich als Fälschung erstellte Kunstwerk
Kunstfälschungen können aber auch dann gegeben sein, wenn die Zuordnung der Daten nicht vorsätzlich fehlerhaft erfolgt ist. Dies kann der Fall sein, wenn Experten sich nicht einig sind, einfach eine falsche Einschätzung angaben, oder sich im Laufe der Zeit eine Neubewertung des Kunstwerks ergeben hat. Hierunter fallen Kunstwerke, welche als unecht oder nicht original eingeschätzt werden. Gleich ob eine objektive oder subjektive Fehlerhaftigkeit vorliegt, so ist jedoch beiden gleich, dass dies ohne Vorsatz geschah.
Auch wenn hier ggf. Gewährleistungsrechte oder ein Schadensersatz in Betracht gezogen werden kann, so liegt der Grund der fehlerhaften Zuordnung von dem Objekt umgebenden Daten nicht in einem vorsätzlichen Verhalten der handelnden Person.
In diesen Fällen steht das Kunstwerk im Vordergrund. Dessen Integrität darf nicht berührt werden, sondern es ist der Nachwelt zu erhalten. Eine Vernichtung steht sowohl außer Verhältnis zu den Rechten des Urhebers, sofern dieser nach Einschätzung der Experten noch keine 70 Jahre verstorben ist, als auch zu dem Anspruch der Menschheit auf Erhalt der Kunst.
Hier steht jedoch in Frage, wie in solchen Fällen mit dem Objekt umgegangen werden kann. Ein Blick in das Urteil des französischen Kassationshofes vom 24.11.2021, Az 19-19-942, kann den Weg weisen.
In Frage kommt eine Kennzeichnung oder die Aufnahme in eine öffentliche Datenbank.
Eine Kennzeichnung mit den Worten “Fälschung” kann nicht in Frage kommen, denn sie ist in sich widersprüchlich und unlogisch. Ein Stempel mit dem Wort “Fälschung” ruft den fehlerhaften Eindruck hervor, dass das Kunstwerk nicht von der kunstschaffenden Person stammt, ohne auf eine kunstschaffenden Person Bezug zu nehmen.
Eine von Beltracci erschaffenes Werk ist ein Original von ihm. Das Gemälde ist zwar nicht von Max Ernst erschaffen, aber von Beltracci. Insofern würde der Stempel “Fälschung” den Irrtum hervorrufen, dass das Kunstwerk auch nicht von Beltracci stammt. Eine solche Markierung würde “sich im Kreise drehen”.
Sollte die Möglichkeit der Verwechslung mit einer anderen kunstschaffenden Person bestehen, etwa durch das Genre oder gleiche Motivwahl, ist es empfehlenswert, diese Verwechslungsgefahr durch eine Markierung mit den Worten “Nicht von xxx” zu bannen. Die Möglichkeit der richtigen Zuordnung bleibt gegeben.
Dieses Modell der Kennzeichnung scheint angemessen, geboten und verhältnismäßig, wenn durch die objektive Materialanalyse nachgewiesen wurde, dass die zugeordneten Daten eines Kunstwerks oder Objekts nicht stimmen könnten.
Handelt es sich jedoch um einen sogenannten “Expertenstreit”, so ist sogar eine solche Kennzeichnung unverhältnismäßig.
Durch die Rechtsprechung wurde geklärt, dass eine verkaufende Person eines Kunstwerks verpflichtet ist, bestehende Zweifeln an der Authentizität einer kaufenden Person mitzuteilen, um sich nicht der Gefahr der Arglist aussetzen zu müssen.
Für den Schutz des Kunstmarktes ist diese Verpflichtung der Gerichte ausgesetzt. Die handelnden Personen unter einen Generalverdacht des böswilligen Handelns zu stellen, verbietet das Gesetz.
Hier hat der Kunsthandel schon eine gute Lösung mit einem Register gefunden. Die Datenbank der kritischen Kunstwerke ist wohl der eleganteste Ansatz in der heutigen Zeit unter Nutzung digitaler Technik, es stellt eine Vorreiterrolle dar. Ein Register der zweifelhaften Kunstwerke ist eine wunderbare Lösung. Dieses müsste durch eine unabhängige Kommission geprüft einsehbar sein, so würde dem Kunstwerk gerecht und die handelnden Personen geschützt. Bedauerlicherweise gibt es dies öffentlich einsehbar noch nicht.
Zu befürworten wären in der aktuellen Zeit „Open Access Projekte“, bei welchen anerkannte Gutachter und Experten ihre Meinung zu einem Kunstwerk publizieren können, aber gleichzeitig der Stand der Untersuchungen oder auch gegenteilige Auffassungen mithin aufgenommen werden können.
Konklusion & Rat für den Umgang mit einer entdeckten “Kunstfälschung”
Die Entdeckung einer Kunstfälschung führt stets zu regem Interesse, wenn es sich um ein teures Gemälde oder eine berühmte fälschende Person handelt. Die Zukunft des gefälschten Objekts ist jedoch ungewiss. Neben den Schadensersatz- und Rückgabeansprüchen zwischen den handelnden Personen steht die Frage des Umgangs mit dem Objekt mittlerweile auch im Vordergrund. Behörden, Staatsanwaltschaften und die den Nachlass verwaltenden Personen möchten das Kunstwerk vernichtet sehen. Aber ob dies dem Kunstwerk und dem tatsächlichen Umgang hiermit gerecht wird, steht in Frage. Die Vernichtung eines Kunstwerks, nur aus dem Grunde heraus, dass ein Sachverständiger die Originalität in Frage stellt, wäre unverhältnismäßig und nicht sachgerecht.
Auch wenn der Besitz von Kunstfälschungen keine Strafbarkeit auslöst, stellt sich die Frage, wie man als Besitzer oder Käufer einer sog. „Kunstfälschung“ handeln soll. Eine Gebrauchsanweisung hierfür gibt es leider noch nicht, die Rechtsprechung ist ohne Handlungsempfehlung und eine obergerichtliche Linie ist aktuell nicht erkennbar.
Ist eine „Kunstfälschung“ entdeckt - liegt somit also eine fehlerhafte Zuordnung von Daten zu einem Objekt vor - ist zu fragen, welche Art des Fehlers gegeben ist. In einem ersten Schritt ist zu analysieren, ob das Kunstwerk unecht ist, also der objektive Beweis geführt werden kann, oder ein Streit hinsichtlich der Originalität besteht.
Im zweiten Falle ist dies bei einem Weiterverkauf oder einer Weitergabe der nächsten Person mitzuteilen, auch wenn es sich nur um eine Mindermeinung handelt. In diesem Zusammenhang wären auch eigene Ansprüche gegenüber dritten Personen zu prüfen, wenn dies vorher nicht mitgeteilt wurde. Ein Vernichtungsanspruch ist in diesem Falle zumindest bisher noch nicht ausgesprochen worden und ist auch unverhältnismäßig. Zweifel an der Authentizität können sich ändern, und einen Leonardo da Vinci zu verbrennen, nur um der aktuellen kunsthistorischen Bewertung gerecht zu werden, welche das Kunstwerk Leonardo abschreibt, scheint doch abwegig.
Im ersten Falle, der bewiesenen Unechtheit, ist zu prüfen, ob die Daten einfach nur falsch zugeordnet wurden. Ist dem so, langt die Korrektur der Daten. Falls das Objekt tatsächlich bewusst mit den falschen Daten zur Täuschung Dritter auf den Kunstmarkt gebracht wurde, kann ein Vernichtungsanspruch gegeben sein, wenn noch urheberrechtliche Ansprüche, d.h. 70 Jahre nach dem Tod der künstlerischen schaffenden Person, gegeben sind.
In den Fällen, welche zwischen den beiden Varianten liegen, könnte eine Kennzeichnung mit den Worten „Nicht von xxx“ angemessen und geboten sein, solange keine Datenbank geschaffen ist. Eine solche Kennzeichnung schützt vor fehlerhafter Zuordnung zu dem „falschen“ Künstler, verhindert jedoch nicht die Zuordnung zu dem richtigen Künstler.
Im Falle der Entdeckung einer „Kunstfälschung“, der fehlerhaften Zuordnung von Daten zu einem Kunstwerk, gibt es leider keine Musterlösung, jeder Fall ist einzeln zu bewerten. Aber auch wenn die Originalität eines Kunstwerks umstritten ist, so kann das Kunstwerk trotz Mitteilung der Umstrittenheit einen hohen Preis erzielen. Ein Streit der sachverständigen Personen kann sich sogar positiv auswirken.
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Autor: RA Dr. Nicolai B. Kemle
Kemle Rechtsanwälte