Kunstszene

Eduardo Palomares

Interview zu seiner Arbeit "Blooming Ocean"

Annette Niessen trifft Eduardo Palomares, Meisterschüler von Alexandra Pirici, Preisträger der diesjährigen Debütantenförderung der Akademie der Bildenden Künste München, in seinem Atelier in der Platform München. Eduardo Palomares erzählt uns im Interview, wie er die Geschichte um die fiktive Pflanze gewoben und zum Leben erweckt hat.

Ausstellungsansicht "Blooming Ocean" © Sara Mayoral

A. N.: Lieber Eduardo, wir kennen uns seit deiner Diplomausstellung im Februar 2024 in der Akademie mit dem Titel: „Blooming Ocean“ und ich war und bin von dieser Arbeit restlos begeistert, erkläre uns bitte deine Idee zu dieser Arbeit.

E. P.: Blooming Ocean ist eine Geschichte über eine fiktive Pflanze (Blüte), die in Symbiose mit anderen Lebensformen durch verschiedene Vegetationsformen unserer Erde wandert, um letztlich im Meer zu wachsen und zu blühen.

Ausstellungsansicht "Blooming Ocean" © Eduardo Palomares

Die Arbeit besteht aus keramischen Elementen, einem Duft sowie Videos und Karten. Die Blüte, wie auch die größeren Pflanzen, sind aus nicht glasiertem Keramik, die dann auf meinen Reisen an den jeweiligen Standorten verbleiben. 

Vernantibus Oceanum in der Isar © A. N. / Mannheimer Versicherung AG

Die Idee zu dieser Arbeit kam mir beim Schwimmen. An den Felsen auf Mallorca fand ich die erste „Blüte“ mit einer intensiven blauen Farbe. Im selben Sommer fand ich weitere „Blüten“ an der Küste der Niederlande und an der Küste Asturiens, selbst auf einer Reise durch die Anden in 2400 m Höhe. Wie kann es sein, dass diese Frucht (Blüte) auf der ganzen Welt vorhanden ist? Ich sammelte einiger dieser „Blüten“ und brachte sie in das Botanische Institut in München. Die Wissenschaftlerin Kailin Sun fand heraus, dass diese „Blüten“ die Frucht der Pflanze Vernantibus Oceanum sind. Ich dokumentierte fortan jeden Fund mit Videos und Fotos. Im Roten Meer fand ich dann auch diese Pflanze, und ein weiteres Merkmal dort war für mich und meine Arbeit sehr wichtig: Das Rote Meer zeigt auch hunderte tote Korallenreste, aufgrund der Erwärmung der Meere, dies sollte sich ebenfalls in dieser Arbeit widerspiegeln.

Ich nahm, mit Erlaubnis der ägyptischen Regierung, einige Blüten mit nach München und so entstand meine Arbeit: Eine Pflanze, die ihre Früchte in den Bergen und Wäldern hinterlässt und dann im Meer zu wachsen beginnt und aufblüht. „Blooming Ocean“. Diesen Lebenszyklus wollte ich beschreiben und auch das Aroma der Pflanze reproduzieren. Der Duft aus den Blüten, aus den Bergen und Wäldern und dem Meer, wo ich die Pflanzen jeweils gefunden hatte, wurde mithilfe der Wissenschaftlerin Kailin Sun und der Fa. Givaudan, einem der großen Parfumhersteller der Welt, eigens für dieses Projekt hergestellt. 

In der Diplomausstellung habe ich dann die Videos der Reisen meiner blauen, keramischen Früchte gezeigt, auf Salz stehend, die mit Salz kristallisierten Keramiken, die an abgestorbene Korallen erinnern sollten. Dazu habe ich eine halbe Tonne Salz aus den Alpen in die Akademie bringen lassen und die weißen und blauen Keramiken darauf präsentiert.

Ausstellungsansicht "Blooming Ocean" © Eduardo Palomares


A. N.: Wie hast du die Technik erworben, deine Keramiken mit Salz zu kristallisieren?
E. P.: Diese Technik habe ich bei meinem Projekt Moby Dick zum ersten Mal angewandt.

Moby Dick im Atelier © A. N. / Mannheimer Versicherung AG

A. N.: Wie kamst du zu dieser schönen Arbeit?
E. P.: Die Serie Moby Dick besteht aus 6 Flossen in unterschiedlichen Größen: Ich hatte das Buch von Herman Melville gelesen und war sehr inspiriert von Moby Dick, dargestellt als Monster des Meeres, ein großer weißer Leviathan. So modellierte ich die Flosse in schwarzer Keramik und stellte sie 3 Monate ins Wasser des Atlantiks, das Salz überzog die komplette Keramik und kristallisierte die Oberfläche zu einer weißen Flosse zu einem weißen Wal. Das war meine spirituelle Idee.

A. N.: Bist du am Meer aufgewachsen?
E. P.: Nein, in Madrid. Die Spanier haben eine große Affinität zum Meer und als Kind war ich immer im Wasser.


A. N.: Was sind deine zukünftigen Projekte?
E. P.: Die nächste Ausstellung wird Ende Juni in der Galerie Wolfgang Jahn in München (Reichenbachstr. 47-49 RG) sein, die Kuratorin Mohn Muellerschoen präsentiert dort junge Künstler. Ich werde dort meine kristallinen Keramiken zeigen und den Duft Vernantibus Oceanum.

Mit der Kuratorin Serafine Lindemann, die ich während meines Studiums in der Akademie kennenlernte, werde ich im Rahmen meiner nächsten AIR (Artist in Residenz) in diesem September in den Pyrenäen einen Parcour mit den dortigen Düften anlegen und die Düfte dort vor Ort produzieren.

Im November diesen Jahres startet mein größtes Projekt in Venezuela in der Karibik: „Ofrenda al Mar“. Es wird ein multidisziplinäres Projekt werden, um ein Unterwasser- Keramikmuseum ins Leben zu rufen. Ich bin durch die ArtesanoGroup Foundation eingeladen, eine Arbeit zu erstellen, die das Leben im Meer und dessen Nachhaltigkeit fördert.
Es werden dortige Künstler, Wissenschaftler, Musiker, Kurator an diesem Projekt mitwirken. Es soll ein Korallenriff aus Keramik entstehen, das in der dortigen Keramikschule El Cercado von Studenten und Lehrern hergestellt wird. Die Arbeiten sollen nachhaltig entstehen und als Lebensraum für Korallen und Fische dienen.
Hierzu wird der Ton der Insel benutzt, Inspirationsquelle sollen die Pflanzen unter Wasser selbst sein und auch das Marine Museum Isla Margarita mit ihren präkolumbianischen Exponaten. Im zweiten Schritt sollen dann Arbeiten von Münchner Künstler aus Ton der Alpen in die Karibik gebracht werden. Hierzu werde ich einen Workshop in München leiten, um diese Arbeiten mit verschiedenen Künstlern herzustellen. 
Alle Arbeiten werden dann vor dem Strand Caranta in einer Tiefe von ca. 2 m verankert, damit das Unterwassermuseum leichter von Besuchern erreicht werden kann. Die Installation der keramischen Arbeiten im Meer wird von Musikern begleitet, um den Respekt vor der Natur und die Verbindung zwischen unserer Existenz und dem Meer zu unterstreichen. Es werden Führungen durch das Unterwassermuseum angeboten und 2025 wird das Projekt in München im Institut Cervantes vorgestellt werden. 

Ach ja, und eine große Keramikblüte wird im Juli nach Iznang kommen, dort bin ich im Bereich „young talents“ für den internationalen Nachwuchspreis der Keramik Iznang nominiert - die Blüte wird dort in einer Ausstellung parallel zum Iznanger Keramikmarkt (20.-21.07.24) gezeigt. 

 Ausstellungsansicht "Blooming Ocean" © Sara Mayoral


A. N.: Das leitet genau zur nächsten Frage über: Du bist schon zu einigen Preisen nominiert und hast 2 davon gewonnen, welche?
E. P.: Nominiert bin ich in diesem Jahr für European Ceramic Context 2024 auf Bornholm, Dänemark.
2019 war ich nominiert für den Karl & Faber Preis der Stiftung Kunstakademie München.
Gewonnen habe ich in diesem Jahr die Debütantenförderung der Akademie der Künste, München sowie den Oberbayerischen Förderpreis für Angewandte Kunst, Bezirk Oberbayern im letzten Jahr.


A. N.: Wie kamst du auf den Werkstoff Keramik?
E. P.: Vor der Pandemie war ich sehr deprimiert und fühlte mich verloren. Ich experimentierte mit Film und Malerei und war mir noch nicht sicher, mit welchem Material ich arbeiten wollte. Um das Studium zu finanzieren, habe ich mich als Gästeführer in München ausbilden lassen. Während der Pandemie gab es keine Führungen und so bin ich mit meiner Familie nach Ibiza geflogen und dort war das Meer für meine künstlerische Idee ausschlaggebend: Meine Filme im Wasser entstanden, ich meditierte und genoss die Stille und verstand, dass ich mich, meine Kunst, mit der Natur verbinden muss. So kam ich dann sehr schnell auf den Werkstoff Keramik. Ich verstand, dass alle und alles mit der Natur verbunden ist. Das ist mein philosophischer Ansatz. 
Das, was mir an dem Werkstoff Keramik so gut gefällt, ist dass du mit deiner Arbeit und dem Ergebnis sehr zufrieden bist, in der Malerei bist du nie zufrieden, da du ständig die Entscheidung zum Aufhören, zum besser machen treffen musst.
Der Werkstoff Keramik und der anschließende Brand trifft selbst die Entscheidungen.


A. N.: Was hat dich in den letzten Jahren sehr beeinflusst?
E. P.: Die Venedig Biennale 2022 war sehr inspirierend für mich, viele Künstler stellten keramische Arbeiten aus. Für mich war dies die größte Inspiration, die mir auch meinen Weg zur Keramik bestätigte.


A. N.: Wo siehst du dich in 5 Jahren?
E. P.: Ich kann es tatsächlich nicht sagen, aber ich weiß, dass ich weiterhin mit Keramik arbeiten möchte. Keramik ist ein ehrlicher Werkstoff, mit dem ich so arbeiten kann, wie ich es mir vorstelle. Vielleicht werde ich auch später Kurse geben. Ich gebe natürlich mein Bestes, ein Teil der Kunstwelt zu sein, um von meiner Arbeit leben zu können, aber als Künstler ist es nicht immer einfach. 


Ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir ganz viel Erfolg bei deinen kommenden Projekten.

Wer sich die Arbeiten von Eduardo Palomares gerne anschauen möchte, sollte seine nächsten Gruppenausstellungen in München, in der Galerie Wolfgang Jahn: Wilde Welten - Natur und Bewegung in der Kunst vom 25.06.2024 bis 03.08.2024, besuchen.

 


 

Eure Annette
 

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