Kunstszene

ARTIMA trifft: Johannes Karl

Von der Konzeption der Videoinstallation "Ghostriders in the Sky" bis zur finalen Fertigstellung mit einem zufriedenen Gefühl verging ein halbes Jahr. ARTIMA sprach mit Künstler Johannes Karl anhand von "Ghostriders in the Sky" über das Aufgreifen und die digitale Verarbeitung kunstgeschichtlicher Themen, über Betrachtungserwartungen und Arbeitsweisen.

ARTIMA im Gespräch mit Johannes Karl. Im Hintergrund ist die Videoanimation "Ghostriders in the sky" zu sehen. Foto: Mannheimer Versicherung AG (© VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

  • Bitte führen Sie uns überblicksartig in Ihre Werke ein: Welche Themen verarbeiten Sie in Ihrer Kunst?

Was mich grundsätzlich fasziniert, ist das Wiederaufgreifen von alten Bildideen oder Epochen, die schlaglichtartig im allgemeinen Bewusstsein verankert sind, und diese versuche ich mit heutigen Methoden wieder neu zu beantworten oder als Bild zu formulieren, weil ich eben glaube, dass diese wichtigen Ideen und Themen immer wieder kommen. Wir leben jetzt in einer Zeit, wo sich alles durch das Internetwissens, das viel breiter und schneller abrufbar ist und durch Techniken, wie z.B. das Sampling, neu strukturiert. Das macht es für mich spannend, dort Versatzstücke herauszugreifen und mit diesen zu arbeiten und Ideen neu zu beantworten. 

  • Und nun konkret: Welche Themen stellen Sie in "Ghostriders in the Sky" dar?

"Ghostriders in the Sky" ist quasi ein Exkurs durch die Kunstgeschichte hindurch und wirft verschiedene Fragestellungen auf. Die Reiter duellieren sich, wer ist schneller, wer hat eine gute Idee. Die Arbeit bildet unser wettbewerbsorientiertes Weltbild ab,das fortwährende, immer schnellere Vorankommen-Wollen, die Idee des Wettkampfes. Inspiriert hat mich aber auch der visuelle Bezug zu den mechanischen Pferderennen-Buden auf einem Volksfest oder Jahrmarkt. Diese Ästhetik, wollte ich mit ins Werk hineinholen. Gleichzeitig ist es aber auch eine Arbeit, die ganz vieles zusammenfasst, weil sie ja Bilder aus allen Epochen zusammenschließt. Es ist quasi ein Rennen durch die Kunstgeschichte, ein Rennen durch verschiedene Bildideen und Fragestellungen, durch die sich die Reiter duellieren. Doch am Ende gewinnt keiner. Der Wettkampf bleibt.

  • Die Reiter in "Ghostriders in the Sky" befinden sich in einem ständigen Drang, voranzukommen und befinden sich in einem fortwährenden Wettkampf. Welche Alltagserfahrungen stecken dahinter?

Ich finde es immer interessant, wenn ein Bild nicht immer eindeutig Position bezieht, wie "Das ist gut. Das ist schlecht." Sondern finde es spannender, wenn ein Werk ein Thema aufwirft, mit dem man sich auseinandersetzen kann. Dieses Duellieren finde ich deshalb interessant, weil es auch für den Motor in uns steht. Man möchte etwas Neues machen, etwas verbessern, besser sein als die Anderen. So hat ein Duell etwas Positives.
Gleichzeitig stellt sich immer die Frage "Wohin führt das alles?" Geht es einfach nur darum, besser zu sein oder machen wir tatsächlich etwas gutes Neues? Es ist für mich ein spannender Punkt, darin eine Balance zu finden und sich diese Frage immer wieder selbst zu beantworten. Wo gehe ich mit dem nächsten Schritt hin und warum nehme ich den nächsten Schritt?

  • Nach welchen Kriterien haben Sie die einzelnen historischen Bilder ausgewählt? War das eine bewusste oder zufällige Auswahl?

Das ist eine gute Frage!
Es ging natürlich los mit den Pferden. Mir war wichtig, dass die Pferde aus unterschiedlichen Epochen kommen, von unterschiedlichen Künstlern und somit verschiedene Stile darstellen.
Danach habe ich eher nach Motiven entschieden. Welche Landschaften könnten interessant sein? Wo finden sich Gemälde, die die Figuren am Rand darstellen können und gleichzeitig eben dieses Epochenübergreifende. Wie lassen sich Bilder zu einem großen Bild verschmelzen? Der Hintergrund ist ja ein Bild, das aus vielen Bildern zusammengestellt wurde. Eine Frage, die ich mir dabei gestellt habe: Wo ergeben sich Schnittstellen, damit das interessant wird?

  • Welche Funktion haben die weißen Reiter?

Die "Ghostriders in the Sky", könnten etwa „Die Geister“ sein, nach dem Sprichwort "Die Geister, die ich rief". Etwas, das sich in der Zukunft zeigt aber von dem man noch nicht genau weiß, was es bedeuten soll und was daraus wird. Auf die man zustürmt und auf die man in seinem Duell oder Lebenslauf stößt, die zum Teil vielleicht mal verblassen oder auch mal wahr werden können.  Natürlich ist da aber auch der Bezug zu den „Ghostriders in the sky“ aus dem Country Song von Stan Jones. In ihm mahnen Geisterreiter einen Cowboy, sein Leben zu ändern um nicht einer von ihnen zu werden.

  • Haben Sie ein bestimmtes Ziel - was soll die Betrachtung Ihrer Werke im Betrachter auslösen?

Kunst muss für mich immer ästhetisch sein und Spaß beim Betrachten machen. Eine Grundvoraussetzung oder ein Einstig ist für mich, ganz einfach erstmal Lust zu Betrachtung zu wecken und sich damit auseinanderzusetzen. Ich finde es gut, wenn Menschen dann auf Fragen kommen, wie "Ist dies nun ein Bild, oder ein Video oder was ist das eigentlich und zu welcher Aussage führt es mich?" Und dann, denke ich, ist man relativ schnell bei diesem Rennen und Wettkampfgedanken. Man sollte aber dann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Ich möchte keine Vorgabe machen, was in einem Bild zu sehen ist und wie man dies verstehen soll. Ich habe eher eine Reflektion von und mit sich selbst im Sinn: Wie sehe ich mich in diesem Ganzen?

Die Fragen stellte Isabelle Haupt

Weitere Informationen:
Das vollständige Interview in der Langversion sowie die ARTIMA aktuell Broschüre finden Sie jeweils rechts unter Downloads. 

Sie möchten die Johannes Karls Videoanimation gern sehen? Dann klicken Sie hier 

 

Eindrücke vom Tag der Übergabe (Fotos: Mannheimer Versicherung AG)

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