Slevogt und Frankreich
Ausstellung im Saarlandmuseum Moderne Galerie, bis 13. Januar 2019
Den 150. Geburtstag von Max Slevogt (1868-1932) nimmt die Moderne Galerie im Saarlandmuseum Saarbrücken zum Anlass und widmet dem Künstler eine eindrucksvolle Schau.
Bilder und Arbeiten auf Papier des deutschen Impressionisten werden mit französischen Einflüssen in Bezug gesetzt. Frankreich war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts der Nabel der künstlerischen Moderne. Hier entwickelten sich die Kunstströmungen, die bis heute weltweit für Aufsehen und Begeisterung sorgen. Und in diesen Kontext bindet die Schau „Slevogt und Frankreich“ einen deutschen Künstler ein, der im Bestand des Saarlandmuseums mit vielen Werken vertreten ist. Malerei, Arbeiten auf Papier und die wissenschaftliche Aufarbeitung von Briefen zeichnen ein umfassendes Bild von der Beziehung zwischen Slevogt und Frankreichs Moderne.
Neben dem französischen Impressionismus rücken in der Ausstellung auch Einzelpersönlichkeiten wie Eugene Delacroix, Gustave Courbet, Edouard Manet, Paul Cezanne und Vincent van Gogh ins Blickfeld.
links: Max Slevogt, Frida Fuchs, 1904, Öl auf Leinwand, 92 x 74 cm, Staatsgalerie Stuttgart, bpk / Staatsgalerie Stuttgart
rechts: Eugène Delacroix, Tiger, ein Mädchen zerreißend, 1856, Öl auf Leinwand, 51 x 61,3 cm Staatsgalerie Stuttgart, bpk / Staatsgalerie Stuttgart
Aber besonders die Maler der Schule von Barbizon (Corot, Millet, Daubigny, Dupré), die ja das Freilichtmalen - das Malen vor Ort vor dem Motiv -einem größeren Künstlerkreis erschlossen und somit als Vorläufer des Impressionismus gelten, wirken mit ihren Werken auf Slevogts Malweise. Das Verdienst der Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ ist das Darstellen mannigfaltiger und recht komplexer Vorbilderstrukturen und das einfühlsame Aufzeigen der künstlerischen Bezugnahme von Max Slevogt. Dabei stehen nicht bloße Adaption und Nachahmung im Fokus, die aufgezeigten Einflüsse äußern sich in der Regel sehr subtil.
Als junger Künstler studierte Slevogt von 1884-89 an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Die akademische Lehre mit ihrer idealisierenden Ausrichtung sowohl bei Landschaften als auch bei Bildnissen empfand Slevogt als unmodern und einengend. Er suchte in der bayrischen Landeshauptstadt zunächst bei Zeitgenossen wie Wilhelm Leibl und dessen an Gustave Courbet orientierten Realismusauffassung nach zeitgenössischeren und auch moderneren Sujets und Motiven. Ein erster Parisaufenthalt 1889 und eine Italienreise 1890 ließen Slevogt dann mit der akademischen Lehre vollends brechen. Sein Beitritt in die Münchner Sezession öffneten ihm dann auch andere Horizonte. München war zum damaligen Zeitpunkt die Kunsthauptstadt Deutschlands, aber die moderneren Inhalte und die aktuellere Formensprache wurden in der Weltmetropole Berlin künstlerisch übernommen und umgesetzt.
„Der in Frankreich gepflegte Reichtum des Kolorits, der freie und kühne Umgang mit buntintensiven Farben und ihren Kontrasten, der zugleich sensible und suggestive Auftrag der Malmittel – all das wird Slevogts eigener Suche nach neuen Bildformen immer wieder in besonderem Maße Nahrung und Anregung bieten.“ (Kathrin Elvers-Svamberk, Katalog zur Ausstellung „Slevogt und Frankreich“)
Die Pleinair-Malerei, das Malen draußen vor Ort vor dem Motiv, die die Maler der Schule von Barbizon eingeführt haben, war in Frankreich seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die neuen Kunstrichtungen des Realismus und Impressionismus übernommen worden. Das Malen bei Wind und Wetter, bei Sonne und Regen war ein unmittelbarer Schaffensakt, der zudem durch die Natürlichkeit der Darstellung eine Art Bodenständigkeit und Erdverbundenheit vermittelte. Keine idealisierende Überhöhung entrückte die dargestellten Motive in eine Scheinwelt. In der Freilichtmalerei wurden Landschaften, bäuerliche Lebenssituationen oder Stillleben gemalt, die fest im wirklichen Leben verankert und nicht mythologisch oder ikonographisch überfrachtet waren.
Die Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ führt mittels Gegenüberstellungen die gestalterischen Anleihen und Bezugnahmen Slevogts geradezu paradigmatisch vor Augen. Seien es die Einflüsse von Edouard Manet, dem Slevogt vor allem in seiner Einstellung und Denkweise folgte. Die Freiheit des Subjekts, sowie des Denkens und der Wahrnehmung waren programmatische Punkte, die Manet vielen seiner Künstlerkollegen vermittelte. Das Prinzip des freien Farbauftrags erlangte immer mehr Bedeutung und so ist in Bildern Slevogts auch das für Gustave Courbets typische Gestaltungsprinzip zu finden, die Farbe mit dem Palettmesser eher aufzuspachteln, als mit dem Pinsel zu verstreichen. Gleiches gilt für die Pinseltechnik Vincent van Goghs, die das flirrende, pulsierende Licht Südfrankreichs auf die gemalten Objekte und Personen überträgt. Als weiteren Einfluss auf die Bildwelt Slevogts lässt sich die Orientfaszination nennen, die Begeisterung für den Orient als berauschender Ausdruck für alles Fremde und Wilde, wie sie sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts in den Bildern Eugene Delacroix niederschlug.
Die Themenbereiche Porträt, Landschaft, Stillleben, Alltagsleben, Bühne, Orientfaszination strukturieren die Ausstellung im Saarlandmuseum. In jedem dieser Bereiche finden sich herausragende französische Vorbilder, die Slevogt gestalterisch, inhaltlich oder konzeptuell als Vorbild dienen. Diesen Einflüssen kann man in der Ausstellung nachspüren, wobei einige klar auf der Hand liegen und anderen subtil und empfindsam nachgespürt werden muss. Am Ende des Tages ist es ein Schwelgen in Farbe, ein gleichsam sensibler wie aufregender Parforceritt durch Frankreichs Moderne und die sinnliche Übersetzung in Slevogts Gestaltungs- und Bilderwelt. Seine Werke reihen sich qualitativ ein, sie versprühen aber auch ein anders gelagertes Verständnis und eine andere Herkunft. Es sind eben die Unterschiede und nicht die Gemeinsamkeiten, die die Einzigartigkeit und das Charisma einer Person beschreiben.
Saarlandmuseum Moderne Galerie, Bismarckstr. 11-15, 66111 Saarbrücken
Di-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr
Autor: Uli Weise