Kunstszene

Außenskulpturen in Bonn

Ein Rundgang durchs ehemalige Regierungsviertel.

Wer an Skulpturen im öffentlichen Raum interessiert ist, für den lohnt sich ein Spaziergang durch das ehemalige Bonner Regierungsviertel, zwischen der Willy-Brandt-Allee an der Museumsmeile und dem Rheinufer. Dort befand sich bis zum Umzug nach Berlin 1999/2000 der Sitz der Bundesregierung und das Parlament – auch heute sind hier noch viele Bundesbehörden, Ministerien und internationale Institutionen angesiedelt. Astrid nimmt Euch mit auf einen Rundgang durch das Regierungsviertel und zeigt eine Auswahl an Skulpturen, die man dort vorfindet:

Henry Moore, Two large Forms, Bonn; Foto: Dr. Astrid Grittern

Hubertus von Pilgrim: Konrad-Adenauer-Denkmal, 1982

Auf dem Fußgängerweg am Bundeskanzlerplatz vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt (heute Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) steht seit 1982 das Konrad-Adenauer-Denkmal des Künstlers Hubertus von Pilgrim. Vorangegangen war ein Wettbewerb der Stiftung „Bundeskanzler Konrad Adenauer Haus“ zur Gestaltung eines Denkmals, das vor dem Wohnhaus Konrad Adenauers in Rhöndorf stehen sollte. Da es dagegen aber Widerstände gab, wurde die Plastik des Altkanzlers im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens und Bundeskanzlers Helmut Schmidt an den Ort seiner Hauptwirkungsstätte aufgestellt.

Hubertus von Pilgrim, geboren 1931 in Berlin, studierte Bildhauerei u. a. bei Bernhard Heilige an der Hochschule der Künste in Berlin. Neben seinen zahlreichen skulpturalen Arbeiten beschäftigt er sich auch mit der Gestaltung von Münzen und Medaillen.

Hubertus von Pilgrim, Konrad-Adenauer-Denkmal, Bonn; Foto: Dr. Astrid Grittern


Das Denkmal von Konrad Adenauer hat Pilgrim als bronzene Kopfplastik auf einem eckigen Sockel angelegt. Die Vorderseite zeigt ein annähernd realistisches Portrait von Konrad Adenauer, während an den Seiten und am Hinterkopf verschiedene Reliefdarstellungen mit Daten eingearbeitet sind, die sein politisches Leben und sein Wirken benennen und symbolisieren: So steht das Kreuz für seinen christlichen Glauben, erinnert der Kölner Dom an seine Zeit als Oberbürgermeister von Köln und der preußische Adler an seine Präsidentschaft des Preußischen Staatsrates. Die gebunden Hände verweisen auf die Nazi-Diktatur, die Kathedrale von Reims auf die Aussöhnung mit Frankreich. Der redende Kanzler mit dem Bundesadler stellt seine Kanzlerschaft dar, der Rosenstock erinnert an seine Lieblingsblume und das Wiederaufblühen Deutschlands nach der Gründung der Bundesrepublik. Der Rhein mit dem Siebengebirge verweist nicht nur auf Konrad Adenauers Wohnort und damit seine Heimatverbundenheit, sondern, wie Europa mit dem Stier, auf seine Vorstellung von einem einigen Europa und dem Rhein als den verbindenden Strom.

Henry Moore: Two large forms, 1979

Folgt man dem Weg entlang des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, so ist durch den Zaun und die Bäume schon bald eine der bekanntesten Skulpturen in Deutschland zu sehen: „Two large forms“ von Henry Moore. Bis zum Berlinumzug war die monumentale Bronzeplastik mit Blick auf das Bundeskanzleramt eine der meist gezeigten Skulpturen der politischen Berichterstattung im Fernsehen.

Henry Moore, Two large forms, Bonn; Foto: Dr. Astrid Grittern

Die Plastik ist 365×610×400 cm groß und besteht aus zwei biomorphen Figuren mit ovalen Öffnungen, die durch ihre konvexen und konkaven Wölbungen zueinander in Beziehung gesetzt sind. Selbst der Blick durch den Zaun lässt ihre offene Form erkennen, erlaubt im Spiel mit Licht und Schatten viele Ansichten und Raumdurchblicke.

Die Bronze nimmt je nach Helligkeit verschiedene Farbschattierungen an, von golden bis tiefbraun. Mit ihrer Form und Farbe bildet sie einen starken Kontrast zu dem eckigen und nüchtern wirkenden dunklen Baukörper des Ministeriums. Der englische Bildhauer Henry Moore (1898 - 1986) war einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine großen abstrakten Skulpturen sind weltweit ausgestellt. Charakteristisch für sein Werk ist die Beschäftigung mit der menschlichen Figur und ihrer Abstraktion. Die Skulptur war auf Betreiben des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der mit Henry Moore befreundet war, 1979 nach Bonn gekommen und vor dem Eingang des Bundeskanzleramtes aufgestellt worden. „Two large forms“ stieß zunächst auf heftige Kritik, angefangen damit, dass kein deutscher Künstler einen so exponierten Platz der Republik gestaltet hatte bis hin zu einer evozierten erotischen Wirkung der runden Formen.

Helmut Schmidt jedoch deutete in seiner Ansprache anlässlich der offiziellen Übergabe am 19. September 1979 in Beisein von Henry Moore ihre Form als ein Zeichen für Leben, für menschliche Verbundenheit, auch als Ausdruck einer Menschlichkeit, die sich dem ganzen Platz mitteile. Das zuvor in London stehende Exemplar Nr. 4/ 4 der „Large two forms“, gegossen von der Kunstgießerei Hermann Noack, Berlin, war zuerst als Leihgabe nach Bonn versetzt worden. 1981 erfolgte dann schließlich der Ankauf durch die Bundesrepublik Deutschland. 1992 wurde sie von der Kunstgießerei Noack in Berlin restauriert, patiniert und mit einem Acrylharz zur Sicherung der Oberfläche überzogen. Nach dem Berlinumzug verblieb die Skulptur in Bonn und wurde, weiterhin Eigentum des Bundes, im Dezember 1999 in die Denkmalliste der Stadt Bonn aufgenommen.

  Olaf Metzels, Meistdeutigkeit, Bonn, Foto: Dr. Astrid Grittern

Folgt man dem Weg vom Haupteingang des Ministeriums hinunter zum Rhein, kann man am Platz der Vereinten Nationen Hermann Glöckners Skulptur “Durchbruch“ (1965 /1992) aus Corten-Stahl vor dem Bundeshaus und Olaf Metzels Skulptur „Meistdeutigkeit“ (1993) aus verzinkten Stahlblechen von Fahrradständern vor dem World Conference Center Bonn (WCCB) mit dem Plenarsaal des ehemaligen Bundestages sehen. Am Rheinufer vor dem ehemaligen Bundestag trifft man dann auf die Skulptur „Allume“ des renommierten amerikanischen Künstlers Mark di Suvero.

 

 

 

 

 

Mark di Suvero: „L´Allumé“, 1989-1992

Mark di Suvero, geboren 1933 in Shanghai ist 1941 mit seiner Familie in die USA ausgewandert, hat Bildende Kunst und Philosophie studiert und nahm 1968 an der IV documenta teil. Sein skulpturales Werk begann er zunächst mit konstruktivistisch beeinflussten Holzskulpturen, seit Mitte der 1960er Jahre entstanden. Es folgten monumentale Raumplastiken aus Stahlelementen und massiven Stahlträgern, die oftmals, wie hier in Bonn, rot gefasst sind.

Arbeiten von Mark di Suvero sind weltweit in den Museen anzutreffen und mehr als 100 seiner Monumentalplastiken finden sich auf öffentlichen Plätzen in aller Welt. Sein Werk prägte ganz entscheidend die Plastik des amerikanischen Expressionismus.

Mark di Suvero, L´Allumé, Bonn; Foto: Dr. Astrid Grittern


Die über 10 Meter hohe und breite Skulptur aus rot lackierten Stahlträgern ist weithin sichtbar und ein markantes Zeichen am Rhein. Die Stahlträger sind horizontal, vertikal, diagonal ausgerichtet. Sie bilden raumgreifende und ausdrucksstarke Linien, die in einem durch halbkreisförmige Segmente gebildeten Mittelpunkt zusammenlaufen. Die eigentlich entgegengesetzt wirkenden Kräfte werden ausgeglichen zu einer Stabilität und vermitteln trotz der Schwere ihrer Materialität eine Dynamik. Die Stahlträger in ihrem leuchtenden Rot vermitteln Emotion durch Linie. Während einer der Träger geradewegs in den Himmel weist, ist ein anderer parallel zum Boden horizontal ausgerichtet. Er weist wie ein überdimensionierter Zeiger in die Ferne, nicht nur auf das gegenüberliegende Rheinufer sondern darüber hinaus, mit seiner nordöstlichen Ausrichtung, in Richtung Berlin. „L´Allumé“ (Erleuchteter) bildet so die Verbindung zwischen Bonn und der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. 

Einen guten Eindruck über die Standorte und Informationen zu weiteren Denkmälern und Skulpturen im öffentlichen Raum erhaltet ihr auf den Webseiten der Stadt und Region Bonn. Außerdem kann ich Euch die Publikation "Hanz Weingartz, Von der Liegenden mit Kind bis Mother Earth. Kunstwerke im öffentlichen Raum von Bonn - 1950 bis heute. Bonn 2022" ans Herz legen. 

Eure Astrid


 

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