Kunstszene

Kammermusik in Zeit und Raum

Ein ARTIMA-Interview mit Johannes Karl über sein Auftragskunstwerk

Schmuck, Uhren, Musikinstrumente, Oldtimer und Kunst – die Mannheimer versichert Leidenschaft. Also alles, was edel, wertvoll und schützenswert ist. Dies tut sie seit über 100 Jahren. 1990 schuf sie dafür spezielle Markenkonzepte: SINFONIMA, VALORIMA und ARTIMA. Zum 30. Markenjubiläum kreierte der Künstler Johannes Karl das digitale Kunstwerk Kammermusik in Zeit und Raum. Eine Arbeit, in der der Betrachter nach und nach vieles zu Musik und Reichtümern entdecken kann. Erfahrt mehr im ARTIMA-Interview mit Johannes Karl.

Still aus Videoinstallation "Kammermusik in Zeit und Raum", Foto: Johannes Karl

Herr Karl, die Mannheimer ist ein Versicherer für die schönen Dinge. Vor 30 Jahren hat sie einigen Speziallösungen einen Namen gegeben: ARTIMA, SINFONIMA und VALORIMA stehen seitdem erfolgreich für die Kunst-, Musikinstrumenten- und Juwelierversicherung. Jetzt hat die Mannheimer Sie gebeten, diese drei Marken künstlerisch in Beziehung zu setzen. Was gibt es in Ihrer Videoinstallation zu entdecken?
In der Videoanimation finden sie elf Musiker, die in einem Raum rund um eine ablaufende Sanduhr sitzen und musizieren. Seitlich vor ihnen liegen verschiedenste Reichtümer. Die Uhr läuft immer nach genau einer Minute ab und dreht sich wie von Geisterhand um ihren Mittelpunkt, um erneut eine Minute Sand von oben nach unten rieseln zu lassen. Aber nicht nur die Uhr dreht sich - mit ihr dreht sich der gesamte Raum sowie alle Musiker und Gegenstände im Raum, rund um die Uhr. Dreht sich hier also alles um die Zeit? Musizieren unsere Musiker gegen die Zeit, musizieren sie für die Schätze, die sich vor ihnen ansammeln, oder musizieren sie für die Aufmerksamkeit der elegant gekleideten Damen, die immer wieder im Hintergrund auftauchen und den Musikern lauschen? Wofür die Kunst, wofür die schönen Dinge? Dienen sie der bloßen Unterhaltung, während die Zeit vergeht, bleiben sie die ureigene Leidenschaft der Künstler, sind sie Werte, die sich materialisieren oder bleiben sie vergänglich? Immer wieder kreuzen das Bild verschiedene Figuren, die der Musik lauschen, neue Schätze bringen oder auch kleine Vögel, die sich wenig um das Spektakel kümmern, in die Freiheit davon fliegen lassen. Und immer wieder scheint die sich drehende Uhr physikalische Regeln aushebeln zu können, sodass sich das Ensemble der Musiker auflöst und manche ganz frei von Schwerkraft an der Decke hängen können und ihre Instrumente spielen.

Wie groß war die Herausforderung für Sie, daraus Ihr Kunstwerk zu kreieren?
Die große Herausforderung für mich war, einen gemeinsamen Nenner zu finden, also eine räumliche und zeitliche Bildkomposition, die allen Aspekten und allen schönen Dingen gerecht wird - und gleichzeitig Raum offen lässt für eigene Interpretationen.

Zuerst war da die Idee, mit Musikern als Figuren zu arbeiten. Erst im Laufe der Entwicklung der Arbeit kam das Moment der Uhr hinzu, um die sich schlussendlich im fertigen Werk alles dreht. Die Uhr gefällt mir als zentrales Element besonders gut, weil sie uns heute ja häufig als wertvoller, fein gearbeiteter Kunstgegenstand begegnet. Hier findet sich in Form der Sanduhr – entnommen aus einem barocken Vanitasgemälde – die ganz grundsätzliche Idee der Uhr als Messinstrument der unaufhaltsam verrinnenden Zeit wieder. Irgendwie ein grundsätzliches menschliches Bedürfnis, egal in welcher Erscheinungsform es uns entgegentritt.

Typisch für Ihre Arbeit ist, Sie greifen kunstgeschichtliche Motive auf und verarbeiten diese digital. Können Sie ein paar Beispiele geben: Welche Gemälde haben Sie in diesem Gesamtkunstwerk verarbeitet?
Für mich ist es natürlich immer ein spannender Prozess, sich auf die Suche zu machen nach Bildern, die mich faszinieren und die ich in meine Arbeit integrieren möchte. Und dann gibt es natürlich einerseits die Lieblingsbilder, die einfach nicht passen und die man wieder herausnehmen muss, und auf der anderen Seite tolle neue Entdeckungen, die man auf diesen Streifzügen durch die Kunstgeschichte macht. Eine dieser Entdeckungen waren für mich hier die Vogelbilder von Melchior de Hondecoeter wie beispielsweise „die Menagerie“. Zu sehen sind aber auch Figuren von Raphael (Il Parnaso), Goya (El majo de la guitarra), Manet (Spanish Singer), Adolph von Menzel (Flötenkonzert Friedrichs des Großen) und viele mehr.

Mehrere wertvolle Gefäße wie die berühmte Saliera von Bevenuto Cellini, ein prächtiger Nautiluspokal, Perlen und Juwelen sind zu sehen. Außerdem haben Sie der Sanduhr die Krone aufgesetzt. Ist die Zeit das kostbarste Gut?
Ich denke, die Zeit ist tatsächlich das wertvollste Gut – gerade weil sie für den Menschen eben nicht kontrollierbar ist. Und so geht es für uns immer darum, unsere Zeit gut zu gestalten. Um das zu tun, haben die Menschen Musik, Schmuck und Kunst entwickelt. Ich glaube, ein gutes Kunstwerk, Musikstück oder Schmuckstück kann auch nur ein Künstler oder eine Künstlerin erschaffen, der dabei „seine Zeit genießt“, sein Schaffen also fürwertvoll und wichtig erachtet.

Wir haben alle unsere Lieblingsfigur im Gemälde gefunden. Haben auch Sie eine Lieblingsfigur im Bild? Was macht sie zu Ihrem Favoriten?
Ich habe natürlich mehrere . Spontan ist mir das Mädchen mit dem goldenen Umhang und dem Vogel eingefallen, das relativ am Anfang zentral stehen bleibt, und den Vogel dann nach oben fliegen lässt. Die Kombination des nach oben aufsteigenden Vogels, der Gesichtsausdruck des dem Vogel nachblickenden Mädchens und die Musik an dieser Stelle geben dem gesamten Vorgang, der sich ja nur wenige Momente darauf in einen Zeitstrudel auflöst, etwas Magisches. Ich liebe es einfach, wenn verschiedene Kunstwerke neu zusammengesetzt und animiert wieder einen völlig neuen Sinn schaffen.

Vögel fliegen frei oder werden von schönen Damen in die Freiheit entlassen. Was waren Ihre (freien) Gedanken dazu?
Die Vögel sind für mich ein Symbol für Freiheit. Sie können sich in allen räumlichen Dimensionen frei bewegen. Wenngleich dieses Freiheitsbild natürlich streng genommen nicht stimmt, weil ein Vogel ja sein Verhalten nach biologischen Bedürfnissen ausrichtet, sind die fliegenden Vögel für mich in diesem Kunstwerk doch ein Bild für die Freiheit des Willens, die wir uns erhalten müssen. Diese Freiheit erhält man allerdings ja oftmals auch durch eine gewisse Absicherung. Wir müssen unser Leben lang das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit so austarieren, dass wir die für uns ganz individuell notwendige Freiheit erhalten.

Eine besonders große Eule fällt als Motiv auf. Liegen wir richtig, wenn wir uns als Versicherer in der Eule als Symbol für Schutz wiedererkennen?
Ich sehe die Eule vor allem in ihrer antiken Bedeutung als Symbol für Weisheit und Klugheit. Auf Grund ihrer Fähigkeit, den Kopf so weit drehen zu können, hat sie auch immer sehr vieles im Blick. Da lassen sich natürlich auch viele Parallelen zur Tätigkeit eines Versicherers finden.

Welche künstlerischen Pläne haben Sie noch für dieses Jahr – verraten Sie uns das?
Gerade arbeite ich an einer Serie von Zeichnungen, die im Mai in einer Galerie in Dachau, im Schafhof – europäisches Künstlerhaus Oberbayern und im August in Polen im Rahmen eines Künstleraustauschs präsentiert werden. Sofern es mir möglich ist, arbeite ich nach dem Abschluss einer digitalen Videoarbeit immer gern zunächst wieder etwas manuell. Und parallel dazu wird nun die Recherche für das nächste Videoprojekt beginnen. Da diese Projekte sich aber immer mindestens über ein halbes Jahr entwickeln, wäre es noch etwas früh, um da schon Konkretes zu verraten.

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Johannes Karl war der Künstler, mit dem wir bereits zur art Karlsruhe 2017 erfolgreich zusammengearbeitet haben. Hier geht es zum ARTIMA-Interview mit Johannes Karl zum Werk "Ghostriders in the Sky" 

Downloads (rechts oben):
Das Interview und weitere Informationen findet ihr aufbereitet auch in der aktuellen Ausgabe von "ARTIMA Aktuell" (auch kostenfrei gedruckt bestellbar unter artima@mannheimer.de).  




















Text von Isabelle 

 



 

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